Als begriffsklärende Einführungsveranstaltung konzipiert geht der Vortrag zunächst der Geschichte feministischer und queerer Begriffsfindung auf den Grund: Wozu brauchten sie in ihren Kämpfen Begriffe und mit welchen Begriffen waren sie konfrontiert? Wie kommt es, dass auch heute noch für jede queerfeministische Wortergreifung vermeintlich ein Glossar gereicht werden muss? Spätestens seit den 1960er Jahren haben Feministinnen mit Sprache im doppelten Wortsinne gekämpft. Wie haben sich die Begriffe queerer und feministischer Forschung aber auch der politischen Kämpfe seither verändert? All dies sind Fragen, auf die der Vortrag eingeht und die zudem in einen internationalen Kontext gestellt werden. Insbesondere finden die Theoriewanderungen und kulturellen Übersetzung zwischen Deutschland, Frankreich und den USA Berücksichtigung.
Eingangs werde ich auf die gestellten Fragen nach der Begriffsbildung im Kontext queerfeministischer Wissenschaftskritik eingehen. Es wird sich zeigen, dass die benutzen Begriffe mit einem Gepäck von Analysen und Kritiken daherkommen und als Interventionen in bestehende traditionelle Wissensordnungen einzugreifen versuchten.
Begriffe waren aber auch innerhalb feministischer und queerer Wissenschaft nicht unumstritten. Dabei lagen nicht nur teils verschiedene Analysen den ausgetragenen Konflikten zugrunde, zum Teil wurden an Begriffe auch politische Strategien und Hoffnungen geknüpft. Diese verraten dabei auch oft die ihnen zugrunde liegenden Utopien oder Gesellschaftsprojekte, die im Feminismus und in queeren Politiken mitunter sehr verschieden ausfallen können.
Nicht zuletzt werde ich einige Ergebnisse meiner Doktorarbeit ausführen, die von den feministischen Gender-Debatten in Frankreich handelte. Diese teils heftigen innerfeministischen Debatten drehten sich um eine Kategorie, die – bevor sie heute meist Zielscheibe rechter und maskulinistischer Politiken geworden ist – von der vorherigen Frauen- und Geschlechterforschung mehr als kritisch betrachtet wurde. Warum löste diese Forschungskategorie unter feministischen Forscher_innen soviel Unmut aus? Wie hat sich der Begriff schließlich doch durchgesetzt und was lernen wir daraus über queerfeministische Begrifflichkeiten?
Cornelia Möser studierte Kulturwissenschaft, Gender Studies und Soziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Université Paris. 2011 promovierte sie in den Fächern Gender Studies und Politikwissenschaft. 2008 – 2010 war sie assoziiertes Mitglied des Graduiertenkollegs »Geschlecht als Wissenskategorie« in Berlin. Seit 2012 ist sie Forschungsbeauftragte des CNRS am Laboratoire CRESPPA-GTM in Paris.